Der Nexperia-Streit könnte zu Produktionsausfällen bei BMW und VW führen. Warum die Chip-Endmontage in Asien statt in Europa stattfindet und welche Alternativen es gibt.
Der aktuelle Streit um den niederländischen Chiphersteller Nexperia hat weitreichende Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Die chinesische Regierung hat den Export von Halbleitern des Unternehmens, die in China verkauft werden, untersagt. Dies könnte zu Produktionsausfällen bei namhaften Autobauern wie BMW und Volkswagen sowie bei Zulieferern wie Bosch führen.
Über Nexperia
Nexperia, mit Hauptsitz in Nijmegen, ist eine Abspaltung des Elektronikkonzerns Philips und spezialisiert sich auf die Herstellung von einfachen „diskreten“ Computerchips, darunter Dioden und Transistoren. Jährlich produziert das Unternehmen etwa 100 Milliarden dieser Bauteile. Im letzten Jahr erzielte Nexperia einen Umsatz von zwei Milliarden Dollar und einen Gewinn von 331 Millionen Dollar. Seit 2019 gehört die Firma zum chinesischen Elektronikunternehmen Wingtech.
Das Unternehmen betreibt sechs eigene Chipwerke, darunter Standorte in Deutschland und Großbritannien. Die produzierten Siliziumscheiben werden in China in einzelne Chips zerteilt und weiterverarbeitet, bevor sie an Autozulieferer oder Elektronikhersteller versendet werden. Nexperia hat seine Chips traditionell in China verpacken und montieren lassen, wobei die Kapazitäten seit der Übernahme durch Wingtech um etwa die Hälfte erhöht wurden. Die Chips des Unternehmens sind in nahezu allen elektrischen und elektronischen Geräten zu finden, einschließlich Elektroauto-Batterien, Smartphones und Mobilfunkstationen. Nexperia bezeichnet sich selbst als Weltmarktführer bei Überspannungsschutzdioden und Transistoren.

Der Hintergrund des Konflikts
Der Mutterkonzern Wingtech steht seit 2024 auf einer US-Embargoliste, was auch für Nexperia potenzielle Sanktionen zur Folge hat. Vor Kurzem übernahm die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia, um den Technologietransfer nach China zu verhindern. Als Reaktion darauf verbot die chinesische Regierung den Export von Nexperia-Produkten, die für das sogenannte Packaging nach China geschickt wurden.
Was bedeutet Packaging?
Packaging bezeichnet den Prozess, bei dem Computerchips vor der Auslieferung in Kunststoffgehäuse eingegossen und auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet werden. In einigen Fällen werden die Chips auch auf Leiterplatten gelötet. Dieser Vorgang ist besonders bei älteren Chip-Typen sehr arbeitsintensiv. Im Gegensatz dazu gibt es das „Advanced Packaging“, bei dem mehrere Chips gestapelt oder kombiniert werden. Dieser technologisch anspruchsvollere Prozess ist stark automatisiert und bietet Experten zufolge Chancen für den Ausbau größerer Kapazitäten in Europa.
Warum wird häufig nach Asien ausgelagert?
Länder wie Malaysia, China oder Vietnam bieten niedrige Arbeits- und Energiekosten sowie eine dichte Zulieferstruktur, was den Transport der Chips nach Asien begünstigt. Bei „Advanced Packaging“ könnte sich der Bau von Werken in Europa eher rentieren, da Unternehmen hier enger mit Forschung, Entwicklern und Abnehmern zusammenarbeiten müssten. Es gibt jedoch bereits europäische Initiativen, die sich bisher jedoch oft zerschlagen haben, da es an Unterstützung durch Kunden, wie beispielsweise Abnahmegarantien, mangelt.
Alternativen zu Nexperia
Nexperia hält einen Weltmarktanteil von knapp neun Prozent in der Chipbranche. Einige Experten, wie Frank Bösenberg, Geschäftsführer eines Industrieverbands, betrachten die aktuellen Krisenszenarien als übertrieben. Viele Unternehmen haben aus der Lieferkrise während der Corona-Pandemie zusätzliche Lieferanten akquiriert oder ihre Lagerhaltung ausgeweitet. Dennoch gibt es für einige ältere Chip-Typen kaum Alternativen, wie Natalia Stolyarchuk, Bereichsleiterin für Future Computing & Microelectronics, anmerkt. Viele Wettbewerber haben die Produktion solcher Chips eingestellt.
Mögliche Schritte von Nexperia
Nexperia könnte in Betracht ziehen, auf Packaging-Dienstleister in anderen Ländern auszuweichen. Es bleibt jedoch ungewiss, ob diese kurzfristig ausreichende Kapazitäten bereitstellen können. Zudem könnte eine Neuzertifizierung der Produkte für die Automobilindustrie erforderlich werden, was mehrere Monate in Anspruch nehmen könnte.
