Gesundheitssystem Österreich: ÖGK-Chef McDonald warnt vor Kostenexplosion und Reformbedarf. Spitzenversorgung nur mit Veränderungen gesichert.
Österreichs Gesundheitssystem: Herausforderungen und Reformbedarf
Peter McDonald, der Vorsitzende der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), spricht in einem Interview über die gegenwärtigen Herausforderungen des Gesundheitssystems in Österreich. Er hebt hervor, dass das Land in Bezug auf soziale Sicherheit und Gesundheitsversorgung international eine Vorreiterrolle einnimmt. Dennoch warnt er, dass die Kosten schnell aus dem Ruder laufen können.
Aktuelle Situation und Herausforderungen
Im Jahr 2024 beliefen sich die Gesundheitsausgaben in Österreich auf etwa 57 Milliarden Euro, wobei rund 13,5 Prozent als Privatanteil anfielen. Dies entspricht fast 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), was Österreich im europäischen Vergleich an die Spitze bringt. McDonald nennt fünf zentrale Herausforderungen, die das System langfristig belasten:
- Demografie: Bis 2050 wird die Zahl der über 65-Jährigen von derzeit etwa 1,8 Millionen auf 2,7 Millionen steigen. Diese Altersgruppe benötigt im Durchschnitt doppelt so viele medizinische Leistungen wie jüngere Menschen.
- Medizinischer Fortschritt: Neue Medikamente und Technologien sind oft teurer und müssen finanziert werden.
- Rückläufige Beitragende: Weniger Arbeitsstunden und eine sinkende Zahl von Beitragszahlern führen zu geringeren Einnahmen.
- Wachstumslimitierung: Das Wirtschaftswachstum kann die steigenden Ausgaben nicht mehr ausreichend ausgleichen.
- Kultur der Anspruchshaltung: McDonald warnt, dass eine Gesellschaft, die zu hohe Ansprüche stellt, ein Risiko für das solidarische System darstellt. Er betont, dass Eigenverantwortung notwendig ist, um die Ressourcen der Gemeinschaft zu schonen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, schlägt McDonald mehrere Maßnahmen vor:
- Eine verstärkte Bewusstseinsbildung, dass ein Anrecht auf Leistungen nicht bedeutet, alles aus dem System herauszunehmen.
- Ärzte sollen mehr Verantwortung übernehmen, um die Notwendigkeit von Behandlungen zu bewerten.
- Instrumente wie Selbstbehalte und Zuzahlungen sollten Teil der Diskussion sein.
- Die Steuer- und Beitragspolitik sollte nicht weiter verschärft werden, da Österreich bereits als Hochsteuerland gilt.
Reformbedarf und politische Verantwortung
McDonald sieht auch auf institutioneller Ebene Reformbedarf. Er plädiert für eine Entpolitisierung im Gesundheitsbereich und eine stärkere Ausrichtung auf Qualität. Die Ärztekammer hat sich jedoch gegen eine stärkere Steuerung ausgesprochen, was laut McDonald das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystem beeinträchtigt.
„Wir haben ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem, das jedoch Veränderungen benötigt, um zukunftsfähig zu bleiben. Alles für alle, unabhängig von den Kosten, wird es in Zukunft nicht mehr geben können“, erklärt McDonald.
Die Politik steht unter Druck, da Experten seit Langem zu Reformen aufrufen. McDonald betont, dass das Zeitfenster für notwendige Veränderungen sich schließt: „Die Folgen der Alterung sind bereits spürbar. Der beste Zeitpunkt für Reformen war vor zwanzig Jahren, der zweitbeste ist jetzt“, wird er zitiert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das österreichische Gesundheitssystem an einem kritischen Punkt steht. Um die Spitzenversorgung aufrechtzuerhalten, sind klare Reformen und eine Kultur der Eigenverantwortung unerlässlich. McDonald bringt wichtige Themen und Forderungen auf den Tisch, die dringend angegangen werden müssen.

